Neues Schwarzwildkonzept für Basel-Landschaft

Per 1. Juli trat ein neues Schwarzwildkonzept im Kanton Basel-Landschaft in Kraft. Unter anderem enthält es Empfehlungen zur Schadenverhütung und strategischen Bejagung. Jegliche Anspruchsgruppen erhalten einen Aufgabenkatalog.

Veröffentlicht am 28.08.2023

Die Zahl von Wildschweinen stieg in den vergangenen Jahrzehnten europaweit kontinuierlich. Dies ist auch keine sonderliche Überraschung, ist die Reproduktionsrate von Schwarzwild doch sehr hoch: Unter günstigen Bedingungen wie milde Winter, Wiederaufforstung oder häufige Mastjahre kann sich eine Population in einem Jahr verdreifachen. Auch im Kanton Basel-Landschaft nahm die Zahl der Wildschweine in den vergangenen 25 Jahren trotz starker Schwankungen und erfolgreicher Bejagung zu. Und damit auch die Schäden in der Landwirtschaft, wie das Amt für Wald beider Basel mitteilt. Damit das Mass der Schäden im tragbaren Rahmen bleibt, sei die stetige Weiterentwicklung eines effektiven Schwarzwildmanagements nötig. So wurde im Kanton Basel-Landschaft ein neues Schwarzwildkonzept erarbeitet. Dieses trat per 1. Juli in Kraft.

Rahmenbedingungen festgelegt

Gemäss Wildtier- und Jagdgesetz muss der Kanton Baselland gemeinsam mit verschiedenen Anspruchsgruppen Managementkonzepte für vorkommende Wildarten erarbeiten. Als Erstes wurde das Konzept für Schwarzwild in Angriff genommen. Das Ziel des Schwarzwildkonzeptes war die Festlegung von Rahmenbedingungen zur Umsetzung eines nachhaltigen, jagdlichen Schwarzwildmanagements. Dazu gehören unter anderem Richtwerte zu Jagd- und Schonzeiten, zur Jagdstrecke, Empfehlungen für Schadensprävention oder die strategische Bejagung. «Insbesondere wurden Massnahmen betreffend Koordination und Kommunikation sowie insgesamt einer verbesserten Zusammenarbeit vereinbart», erklärt Holger Stockhaus, Jagd- und Fischereiverwalter vom Kanton Basel-Landschaft.

Das Konzept wurde in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Anspruchsgruppen aus Jäger-, Land- und Forstwirtschaft sowie den Gemeinden erarbeitet. Wie Martin Thommen, Präsident von JagdBaselland bestätigt, war die Jägerschaft eng in der Einarbeitung eingebunden. «Wir konnten unsere wichtigsten Anliegen einbringen – und die wurden grossmehrheitlich auch berücksichtigt», bestätigt er gegenüber JAGD&NATUR.

Schadenmass festgelegt

Laut dem Massnahmenpapier soll der Schwarzwildbestand rund 500 Sauen nicht übersteigen. Die Population der Schwarzkittel soll ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (1:1) aufweisen und es gilt, eine natürliche Altersstruktur innerhalb der Rotten (80 Prozent Frischlinge, 10 Prozent Überläufer und 10 Prozent adulte Sauen) zu erhalten. Es sei nicht möglich, den Bestand genau zu zählen. Mittels der Jagd-, Fallwild- und Schadensstatistik sowie den spätsommerlichen Frischlingszählungen – koordiniert von JagdBaselland – könne jedoch gesagt werden, wie sich dieser entwickelt.

«Es wurden Schadensschwellen beschlossen, ab denen die jagdliche Kooperation nicht nur empfohlen, sondern verbindlich ist», führt Holger Stockhaus weiter aus. «Die Schadensschwellen berücksichtigen das geleistete Engagement der Jagdgesellschaften, um den Wildeinfluss auf einem tragbaren Mass zu halten.» Ziel ist es, die Schäden in der Landwirtschaft, welche vom Schwarzwild verursacht werden, auf tragbarem Niveau zu halten.

Die annehmbare Schadensumme im Kanton pro Jahr wurde auf 200 000 Franken festgelegt. Nach Möglichkeit soll dieser nicht überschritten werden. Bei einem Abschussplan von rund 1000 Wildschweinen pro Jahr ergibt das ein Schadenmass von 200 Franken pro erlegter Sau. Dies gilt als Richtwert. Zum Vergleich: Im Jagdjahr 2022/23 wurden 505 Stück Schwarzwild erlegt bei einer Schadensumme von 96 961 Franken.

Die drei Bereiche des Schadenmasses  
< CHF 200.–  pro erlegte Sau
CHF 200.– bis 300.– pro erlegte Sau
> CHF 300.– pro erlegte Sau
 

Das tragbare Schadenmass kann situativ schon früh erreicht werden, dies trotz grosser Bemühungen der Jagdgesellschaften. Gemäss Schwarzwildkonzept muss akzeptiert werden, dass Schäden jährlichen Schwankungen unterliegen und lokal unterschiedlich anfallen können. Deshalb sollen jährlich zwischen allen Anspruchsgruppen Standortgespräche geführt und allfällige Massnahmen schriftlich in einer Zielvereinbarung festgehalten werden.

Strategische Bejagung

Im Konzept werden unter anderem Empfehlungen für die Jägerschaft betreffend strategische Bejagung festgehalten. «Es wird aufgezeigt, wie einerseits eine effiziente und waidgerechte sowie zugleich gesetzeskonforme Jagd ausgeübt werden kann», sagt Holger Stockhaus.

Bei der Organisation der Bejagung auf Wildschweine ist die Zusammenarbeit der Jagdgesellschaften gefragt, da die Streifgebiete der Wildschweine weit grösser sind als die Reviere. Gemäss Konzept soll eine Zusammenarbeit schriftlich festgehalten werden und der Fachstelle einmalig vorgelegt werden. Die Vereinbarung regle die Jagd über die Reviergrenze, die allfälligen Nachsuchen und die gemeinsamen Bewegungsjagden.

Als Beispiel: Sollte der rote Bereich des Schadenmasses (> 300 Franken pro erlegter Sau) erreicht werden, so muss «zusätzlich zur gemeinsamen Planung der Jagd mindestens eine gemeinsame, koordinierte Bewegungsjagd mit den benachbarten Jagdgesellschaften pro Jahr stattfinden», heisst es im Konzept. Die Fachstelle informiert die Jägerschaft über Jagd- und Schonzeiten jeweils vor Beginn des neuen Jagdjahres.

In der Regel lauten die Jagdzeiten für Schwarzwild wie folgt:

  • Ansitz und Pirsch im Wald: ab 1. September bis Ende Februar; Frischlinge und Überläufer auf dem Feld ganzjährig.
  • Drück- und Bewegungsjagden in landwirtschaftlichen Kulturen vom 1. Juli bis 30. September einmal pro Woche auf dem Feld; im Wald vom 1. Januar bis Ende Februar.
  • Freie, laute Jagd vom 1. Oktober bis 31. Dezember.

Folgende Jagdstrecke gilt als erstrebenswert:

  • 80 Prozent Frischlinge
  • 10 bis 15 Prozent Überläufer (restriktive Bejagung der Überläuferkeiler)
  • 5 bis 10 Prozent adulte Sauen (Schonung der starken Keiler und Leitbachen)

Um den Bestand zu regulieren, müssen gemäss Schwarzwildkonzept alle Altersklassen der weiblichen Tiere und insbesondere die Jugendklasse bejagt werden. Die Fachstelle weist zudem darauf hin, dass es sich beim Erlegen von Einzeltieren an Kirrungen meist um Keiler handelt, was wenig zur Regulation beitrage. Grundsätzlich sollte in der Vegetationszeit, insbesondere in den Monaten Mai bis zum Ende der Ernte der landwirtschaftlichen Kulturen im Oktober, vorwiegend im Offenland gejagt werden (bis Ende August ist gemäss Jagd- und Schonzeiten sowieso ausschliesslich die Bejagung im Feld zulässig). Nicht nur werde das Schwarzwild so reguliert, es findet gleichzeitig eine Vergrämung (dank Abschuss auf Schadflächen) statt. «Dafür ist die Kommunikation zwischen Jäger- und Landwirtschaft zentral», erklärt Holger Stockhaus. Im Wald herrscht für das Schwarzwild Ruhe. Ab November bis im Februar könnten mit der gezielten Entnahme von Frischlingen, Überläuferbachen und Nebenbachen die grossen Zuwachsträger reduziert werden.

Da das Wild mit mehr Jagddruck vorsichtiger wird, rät das Konzept dazu, das Schwarzwild auf den Bewegungsjagden im Wald sowie in Intervallen zu bejagen. «Bewegungsjagden sind revierübergreifend zu koordinieren und sollten grundsätzlich möglichst grossräumig unter Einsatz geeigneter Hunde organisiert werden», so der Jagdverwalter von Baselland.

«Um den Lerneffekt für das Schwarzwild möglichst tief zu halten, empfiehlt sich zusätzlich eine Kombination von Pirsch, Ansitz- und Bewegungsjagd», fügt Holger Stockhaus hinzu. Der Einsatz von Nachtsichttechnik kann durch die Fachstelle bewilligt werden. Zudem können Beiträge an die Ausbildung von Hunden im Schwarzwildgewöhnungsgatterbeantragt werden.

Enge und respektvolle Zusammenarbeit

«Im Rahmen des Konzepts wurden die Zuständigkeiten (Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung) nochmals präzisiert», erklärt Holger Stockhaus. Die Aufgaben je Anspruchsgruppe (Jagd, Landwirtschaft, Waldeigentum, Gemeinden, kantonale Fachstelle) finden sich in einem eigenen Abschnitt des Konzeptes. «Für die Landwirtschaft wird zum Beispiel aufgezeigt, welche Schutzmassnahmen möglich und geeignet sind», führt der Jagdverwalter von Baselland weiter aus. Für jegliche Anspruchsgruppen wurde eigens ein Aufgabenkatalog definiert.

«Es liegt in der Natur der Sache, dass, wenn mehrere Organisationen mit unterschiedlichen Zielsetzungen, Vorstellungen und Erwartungen an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, Kompromisse eingegangen werden müssen. Aus Sicht des Vorstandes von JagdBaselland ist dieser Kompromiss beim vorliegenden Schwarzwildkonzept gelungen», sagt Martin Thommen. «Bei der Umsetzung des Konzeptes sind Jagdgesellschaften, Gemeinden, Landwirtschaft, Waldwirtschaft und die Verwaltung gleichermassen gefordert. Eine enge und respektvolle Zusammenarbeit ist dabei wichtig.»

Text: Nathalie Homberger
Bild: Sven-Erik Arndt

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