Die passende Nachtsichttechnik

Ob zum Schiessen oder nur zum Beobachten: Nachtsichtgeräte sind für die Schwarzwildjagd zentral geworden. Ein Infoabend der Ruag Ammotec Schweiz AG gab umfassend Überblick.

Veröffentlicht am 24.06.2021

Text: Raphael Hegglin | Fotos: zVg

«Nachtsichttechnik ist heute für fast jedes Budget erhältlich. Zentral ist allerdings eine gute Beratung: Die gewählten Geräte müssen zur jagdlichen Situation passen», stellte Philip Schlegel, Geschäftsführer der Ruag Ammotec AG, zu Beginn klar.

Das mag im ersten Moment nach Binsenwahrheit klingen, doch gerade hier liegt der Hund begraben: Der Blick ins Internet offenbart, wie unübersichtlich das Angebot an Nachtsichtgeräten in den letzten Jahren geworden ist. Allein in der Schweiz buhlen hunderte Fachhändler, Onlineshops und Auktionsplattformen um die Gunst der Kundschaft. Und neue Marken sind in den letzten Jahren fast schon wie Pilze aus dem Boden geschossen. Man weiss oft nicht, wer hinter einem Produkt steckt und woher es kommt.

Schneller Technologiewandel

Anfang Jahr hat die Ruag Ammotec Schweiz AG auf der Jagdschiessanlage Siblingen (SH) einen Infoabend zum Thema Nachtsichttechnik veranstaltet. Mit ihren Referaten ermöglichten Philip Schlegel und Georges Junginger (ebenfalls Ruag Ammotec AG) einen umfassenden Überblick über aktuelle Produkte und Technologien.

Den Referenten ist es gelungen, die für Jagende relevanten Unterschiede herauszuschälen und sich nicht in technologischen Details zu verlieren. Denn diese wandeln sich stetig. So war die Bildqualität bezahlbarer Wärmebildkameras vor zehn Jahren noch dürftig, auch eigneten sie sich nicht als Vorsatzgeräte. Heute ist das komplett anders. Doch nun setzt sich eine weitere Technologie durch: digitale Nachtsichttechnik. Auch ihre Bildqualität wird immer besser, und dies zu attraktiven Preisen. Doch was sind die jagdlich relevanten Unterschiede der verschiedenen Technologien? Hier ein Überblick, basierend auf dem Infoabend der Ruag Ammotec Schweiz AG:

Wärmebildgeräte

Vorteile: Sie bieten eine schnelle Detektion von Wärmequellen, auch auf grosse Distanzen, teilweise durch Hindernisse wie Büsche hindurch. Personen und Tiere im Hintergrund sind gut erkennbar, was für Sicherheit sorgt. Wärmebildgeräte lassen sich bedingt auch bei Nebel und Regen einsetzen. Anders als Restlichtverstärker, funktionieren sie tagsüber ebenfalls, Tageslicht beschädigt sie nicht.

Schwachpunkte: Verglichen mit qualitativ hochwertigen Restlichtverstärkern, hinken sie punkto Bildqualität noch etwas hinterher – insbesondere, was das räumliche Sehen betrifft. Zudem sind Hindernisse in der Flugbahn des Geschosses teilweise nur schwer erkennbar. Die Bildqualität von Wärmebildgeräten ist aber einer raschen Entwicklung unterworfen und wird immer besser.

Die Preise für Vorsatz- und Zielgeräte beginnen etwa bei 3'900 Franken, reine Beobachtungsgeräte sind günstiger.

Restlichtverstärker (analog)

Vorteile: Qualitativ hochwertige Restlichtverstärker liefern ein detailliertes Bild. Wild lässt sich mit ihnen gut ansprechen, die Streifen von Frischlingen sind zum Beispiel erkennbar. Auch sind Hindernisse zwischen Schütze und Ziel eher sichtbar, und das räumliche Sehen ist besser als jenes mit einer Wärmebildkamera. Analoge Restlichtverstärker sind in der Regel einfacher bedienbar als Wärmebildgeräte und digitale Restlichtverstärker.

Schwachpunkte: Restlichtverstärker benötigen bei starker Dunkelheit sowie auf grosse Entfernungen einen IR-Strahler. Bei dichtem Bewuchs kann reflektierendes Licht – genauso wie Tageslicht – die Röhre beschädigen.

Die Preise für Vorsatzgeräte beginnen etwa bei 3000 Franken, reine Beobachtungsgeräte sind günstiger.

Digitaler Restlichtverstärker

Vorteile: Qualitativ hochwertige Geräte liefern ein detailliertes Bild mit 4K-Auflösung (Vorsicht: Es gibt auch Billigprodukte auf dem Markt, die vor allem durch ihr verpixeltes Bild auffallen). Im Bereich der Nachtsichttechnik machen die digitaler Restlichtverstärker zurzeit die grössten Entwicklungssprünge – nicht nur was die Bildqualität, sondern auch was die Preise betrifft. Digitale Restlichtverstärker lassen sich bei Tag und bei Nacht verwenden, was bei Zielgeräten von Vorteil sein kann. Ihr Sensor wird durch Tageslicht oder Reflexionen des IR-Strahlers nicht geschädigt.

Schwachpunkte: Auch digitale Restlichtverstärker benötigen bei starker Dunkelheit einen IR-Strahler. Ihre Detektion erfolgt weniger schnell als jene von Wärmebildgeräten.

Die Preise für Nachtzielgeräte und Beobachtungsgeräte beginnen etwa bei 1250 Franken.

Unterschiede Vorsatzgeräte – Nachtzielgeräte

Vorsatzgeräte werden an ein bereits montiertes Zielfernrohr gekoppelt. So lässt sich die gleiche Jagdwaffe problemlos am Tag und in der Nacht verwenden. Zudem lassen sich Vorsatzgeräte auch als Beobachtungsgeräte nutzen. Je nach Zielfernrohr und Montage ändert sich allerdings durch das Vorsatzgerät die Treffpunktlage. Die Kombination Zielfernrohr und Vorsatzgerät muss unbedingt eingeschossen werden! Ebenfalls ist das Abnehmen und erneute Koppeln von Zielfernrohr und Vorsatzgerät längst nicht bei allen Produkten wiederholgenau.

Nachtzielgeräte werden wie Zielfernrohre montiert – mit entsprechender Montage funktioniert das wiederholgenau. Beim Schiessen wirken mit einem Nachtsichtzielgerät wesentlich weniger Kräfte auf die Montage, was sich positiv auf die Lebensdauer auswirkt. Preislich sind Nachtzielgeräte attraktiv: Bereits ab 1250 Franken erhält man jagdlich uneingeschränkt brauchbare Geräte. Allerdings: Für Nachtzielgeräte ist – zusätzlich zur Ausnahmebewilligung von der Jagdverwaltung – eine Ausnahmebewilligung «gross» nach Waffengesetz erforderlich.

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